Es gab wie immer ein längeres Hin und Her wo wir übernachten könnten: mein Sohn wollte unbedingt wieder auf einen Campingplatz, meine Frau meinte, dass es dafür an Pfingsten wohl noch etwas zu kalt sei: Die nächste Jugendherberge gab es in Speyer, da aber meine Tochter mitfahren wollte, müßten wir dann schon in einem Familienzimmer unterkommen, die oftmals so kurzfristig (wir sind mit unseren Radtouren immer sehr spontan) schon ausgebucht sind. Nach einem klärenden Anruf im Jugendgästehaus in Speyer war unser Familienzimmer reserviert und wir konnten losziehen.
Leider steht meiner Frau nicht so sehr Sinn nach längeren Radtouren,
so dass ich wieder einmal mit meinen Kindern Laura (10 Jahre) und Michael
(fast 14 Jahre) alleine losziehen musste. Immerhin brachte uns meine Frau
mit dem Auto zu einem günstigen Startpunkt. Wir wohnen in der Nähe
von Karlsruhe und wollten linksrheinisch, also auf der Pfälzer Rheinseite,
fahren aber um dorthin zu gelangen muss man mit dem Fahrrad über eine
vielbefahrene, sechsspurige Brücke fahren, der Anfahrtsweg zu dieser
Brücke führt ewig weit durch die Rheinauen und da wir diesen
Weg bei einer anderen Tour schon einmal gemacht hatten, entschlossen wir
uns, erst hinter der Brücke mit unserer Tour zu beginnen.
Wir begannen also am Rheinufer unser Gepäck auf die Fahrräder zu laden, verabschiedeten uns von unserer Mutter und fuhren los.
Das Wetter war schön, einige Tage vorher hatte es geregnet, es gab sehr viele kleine Mücken, die sich immer wieder auf unseren Armen und Beinen festsetzten und mein Sohn begann schon lautstark zu maulen wer denn diesen Sch... weg durch die Rheinauen ausgesucht hätte.
Ich sagte ihm, dass man den freundlichen Radfahrer an den Fliegen zwischen den Zähnen erkennen könnte, aber das fand er eigentlich nicht sehr lustig.
Wir passierten einen großen Containerverladeplatz, auf dem vermutlich viele Zulieferteile für das nahegelegen Mercedes-LKW-Werk in Wörth lagerten und vielleicht auch umgekehrt viele Ersatzteile für den Rest der Welt.
Weiter ging es entlang des Rheinhauptdammes, immer in einiger Entfernung zum eigentlichen Fluß, entlang von Altrheinarmen. Im Sommer wäre der Weg wohl weniger gut wegen der vielen Schnaken, die einem das Blut aussaugen, die vielen kleinen Mücken kitzeln vielleicht, aber sie stechen nicht.
Hohe Bäume mit Vogelgezwitscher umgaben uns, auf dem Damm blühten viele Blumen und natürlich Gras, das meinen heuschnupfengeplagten Sohn in der Nase kribbelte. Um diesen Damm gab es übrigens eine kontoverse Diskussion. Man überlegte, ob man nicht an geeigneten Stellen sogenannte Polder einrichten sollte, um bei einem Hochwasser einen Teil des überschüssigen Wassers dorthin abzuleiten, damit in Städten wie Köln usw. die Hochwasserflut etwas gemildert wird. Normalerweise kommen die Hochwasser immer in regelrechten Wellen, oft von den Nebenflüssen Neckar oder Main und durch die Polder könnten diese Wellen gemildert werden. Die Gegner sagten, dass die Kapazität der Polder niemals ausreichen würde, um über längere Zeit den Pegel des Rheins bei einem Hochwasser zu senken, es wäre also nur ein Tropfen auf den heißen Stein, man sollte lieber die Ursachen des Hochwassers (Versiegelung der Oberflächen und Kanalisierung der Zuflüsse) beseitigen.
So langsam wurde der Wunsch nach einer Mittagspause laut und ich sagte, dass wir rasten würden, sobald wir an den offenen Fluß Rhein kommen würden, was, laut unserer Karte, nicht mehr allzuweit sein konnte. Der Radweg machte eine Biegung und ... da war der Fluß und sogar ein schönes, lauschiges Plätzchen mit Tischen und Bänken, wie geschaffen für eine Mittagspause. Mein Sohn aß die mitgenommen Brote und beobachtete die wenigen Schiffe, die vorbeifuhren um festzustellen, ob sie viele Wellen machten. Er war dann ganz enttäuscht, wenn dem nicht so war und ich erklärte ihm, dass sich Wissenschaftler damit beschäftigten, wie man Flußschiffe konstruiert, die wenig Wellen machten, damit die Uferböschung nicht so sehr zerstört wird.
Hinter Germersheim zog sich der Himmel zu, die Auschilderung des Radwegs war hier besonders ungenau, einmal verfuhren wir uns etwas und insbesondere meine Tochter begann zu maulen. Sie war schießlich nur mit einem 24 Zoll Fahrrad unterwegs, während mein Sohn mit dem von seinem Konfirmationsgeld gekauften Hochleistungsmoutainbike mit Vorderradfederung fuhr. Ich fuhr mit meinem Trekkingrad von der Fahrradmanufaktur, welches ich mir vor 4 Jahren gekauft hatte. Der Weg durch die Rheinauen zog sich noch 20 Kilometer von Germersheim nach Speyer und mein Sohn kam auf die Idee den direkten Weg auf der Straße zu nehmen und auf diese Weise mindestens 10 Kilometer abzukürzen.
Dafür mussten wir dann in Speyer den richtigen Weg zum Jugendgästehaus
suchen. Das Jugendgästehaus lag direkt am Rhein, neben dem Freibad
und wenige Meter vom Technikmuseum und den IMAX-Kinos entfernt. Vor der
Tür war eine Bushaltestelle, an der der Speyerer City-Shuttle hielt,
den man für 1 DM den ganzen Tag benutzen konnte.
Unser Familienzimmer war mit Dusche und WC ausgestattet und kostete 26,50 DM pro Person und Nacht inklusive Frühstück und Bettwäsche. (Für Kinder unter 12 gab es noch eine Ermäßigung)
Am Abend fuhren wir mit den Fahrrädern in die Fußgängerzone, kauften uns Getränke für die morgen anstehende Fahrt zum Holiday Park und aßen bei McDonalds zu Abend. Wir konnten sogar draußen sitzen, die Regenwolken hatten sich verzogen.
Anschließend brachten wir die Vorräte in unser Zimmer und machten einen kleinen Spaziergang zum IMAX-Kino, wo wir dann noch die letzte Vorstellung um 19 Uhr besuchten. Der Titel hieß Everest und handelte von den Abenteuern einer Bergsteigergruppe, die den Berg bestiegen hat. (mit der Kameraausrüstung war das bewundernswert)
Am Rhein und im Aufenthaltsraum des Gästehauses ließen wir den Tag ausklingen.
Bald konnten wir den Freefall-Tower sehen, eine neue Attraktion des Freizeitparks: Man wurde in einem Sitz etwa 60 Meter hochgezogen, dann wurde die Verankerung gelöst und im freien Fall ging es nach unten, bis man abgebremst wurde.
Als wir endlich da waren, waren wir fast die einzigsten, die mit dem
Fahrrad angereist waren. Da das Wetter sehr regnerisch war, waren überhaupt
nicht viele Besucher da. Das war natürlich sehr schön, denn so
konnten wir viele Attraktionen besuchen ohne lange anstehen zu müssen.
Gegen 16 Uhr hatten wir dann genug, das Wetter war wirklich sehr schlecht geworden, es nieselte fast die ganze Rückfahrt nach Speyer. Gott sei Dank merkten wir nicht so sehr viel, als wir durch den Wald fuhren, aber als es dann über die freien Felder bei Dudenhofen ging, wurden wir doch ziemlich naß.
In einem Supermarkt deckten wir uns noch mit Getränken ein und dann entschlossen wir, den Tag in der Domhof-Brauerei bei Pfälzer Leibgerichten zu beenden.
Wir fuhren bis nach Philippsburg, vorbei an dem Atomkraftwerk, in dem an diesem Tag eine große Diskussion über den Sinn oder Unsinn dieser Art der Energiegewinnung stattfand, aber davon erfuhren wir erst abends in den Nachrichten. Philippsburg gehörte schon zum Karlsruher Verkehrsverbund, so dass man ab dort mit einer preiswerten Regionalkarte (15 DM für die ganze Familie) und 3 ermäßigten Fahrradkarten (3 DM statt 6 DM pro Fahrrad) nach Karlsruhe fahren konnte.
In Bruchsal mussten wir umsteigen, den dort wartenden Zug erwischten wir nur deshalb, weil ein freundlicher Bahnbediensteter das Fahrrad meiner Tochter in eiligem Lauf von einem Bahnsteig zum anderen brachte. Alleine hätten wir die Bahn sicher nicht mehr erreicht.
Die letzten 7 Kilometer vom Hauptbahnhof Karlsruhe nach Hause schafften wir dann auch noch und so waren wir am frühen Nachmittag schon zu Hause. Unsere Mutter staunte nicht schlecht, als sie uns im Hof hantieren hörte.