Seebrugg(Schluchsee) - Freiburg 28.8.2000-31.8.2000

Vorgeschichte

In diesem Jahr gestaltete sich die Anreise zu einem Startpunkt für die Radtour etwas schwierig. Es gab kein Sommer-Spezial der Deutschen Bahn, nur einige interessante Angebote in Baden-Württemberg (Schüler-Ferien-Ticket, Baden-Württemberg-Ticket), so dass wir unsere Radtour auf unser Ländle beschränken wollten. Nach einiger Überlegung, wo man starten könnte, fiel uns der Interregio von Norddeich nach Seebrugg am Schluchsee ein, auf den wir bei unserer Tour im letzten Jahr schon aufmerksam geworden waren. Wir dachten, eine Tour vom Schluchsee zum Hochrhein und dann über Basel und Freiburg bis nach Karlsruhe wäre genau das Richtige für uns, zumal mein Sohn Michael das Schülerferienticket mit IC-Zusatz besaß somit also nichts bezahlen musste. Meine Tochter wollte in diesem Jahr nicht mitfahren.

Montag, 28.8.2000     Fahrt mit dem Interregio von Karlsruhe nach Seebrugg

Der Interregio fuhr nur einmal täglich, nachmittags, in Karlsruhe ab, ein Anruf in der JH in Seebrugg brachte die Erkenntnis, dass dort noch genügend Platz war, und eine Reservierung für die Fahrräder bekamen wir auch noch kurzfristig, so dass wir also los konnten. Wir hatten nur das Zelt, Isomatten und Schlafsäcke dabei, die Kochutensilien, Vorzeltplane usw. ließen wir zu Hause, da wir uns damit nicht belasten wollten. (Im letzten Jahr hatten wir definitiv zu viel Gepäck dabei). Das Fahrradabteil war schon gut belegt, als wir in Karlsruhe einstiegen, aber es waren noch Plätze für uns und zwei weitere Radler vorhanden.Schluchsee
Seebrugg liegt am hinteren Ende des Schluchsees, dort befindet sich die Staumauer, ansonsten gab es ausser dem Bahnhof, einem Hotel, der Jugendherberge und einem Strandbad mit BootsvermietungSchluchsee Staumauer nur noch ein Depot der Straßenwacht mit Schneeräumfahrzeugen für die B500. Die Jugendherberge war wirklich leer, wir meldeten uns auch für das Abendessen an, da wir sonst nicht wussten, wo man Essen konnte. Nach dem Abendessen besichtigten wir noch die Staumauer und mangels sonstiger Attraktionen lagen wir frühzeitig im Bett. Das war das erste Mal seit längerer Zeit, dass wir richtig ruhig in einer Jugendherberge schlafen konnten.

Dienstag, 29.8.2000     Seebrugg - Lörrach (100 km)

Nach dem Frühstück packten wir unsere Räder und suchten den Weg an der Staumauer entlang, der uns zum Rheintal führen sollte. Seebrugg lag 936 m hoch, unser erstes Etappenziel Waldshut-Tiengen etwa 350 m hoch, die ersten 30 km ging es also nur bergab. Teilweise war der Weg nicht geteert, so dass man mit dem Gepäck nicht so schnell fahren konnte, es ging auch an zwei weiteren, kleineren Stauseen mit Elektrizitätswerken vorbei, wo einige Menschen arbeiteten. Wir stellten uns vor, wie einsam es doch sein musste, dort zu arbeiten, fernab von jeder Zivilisation, mitten im Wald. Landschaftlich war die Strecke sehr schön, die Schlucht zumindest am Anfang wildromantisch, der Weg gesäumt von Blumen.

In Waldshut hatte uns die Zivilisation dann wieder. Durch Industriegebiete, an Stauwehren und Kraftwerken entlang, bahnten wir uns den Weg in Richtung Bad Säckingen, unserem nächsten Etappenziel. Der Radweg führte teilweise direkt am Rhein, zwischen Rückstaubecken und Auwäldern entlang, teilweise ging es auch etwas in die Höhe durch kleinere Dörfer, die von der Bundesstrasse weiträumig umfahren wurden. In und um Laufenburg wurde an der Bahnlinie gebaut und da der Radweg direkt daran vorbeiführte, teilweise auch die Bundesstrasse davon betroffen war, mussten wir unangenehmerweise durch die Baustelle auf der Bundesstrasse radeln. Auf diese Weise ist der bestimmt sehr schöne Ort in etwas negativer Erinnerung.

In Bad Säckingen machten wir dann Mittagspause. Wir kauften in einem Supermarkt etwas zu Essen und Trinken und entspannten uns am Rheinufer. Bad Säckingen ist auch ein sehenswerter Ort, mit einer langen, überdachten Holzbrücke über den Rhein und dem Schloß des bekannten Trompeters.Holzbrücke in Bad Säckingen In der schönen Altstadt laden viele Cafes zum Verweilen ein. Eigentlich wollten wir ja hier übernachten, aber da es erst Mittag war und wir noch Lust hatten, etwas weiter zu radeln, brachen wir gegen 14 Uhr auf.

Wir wollten nicht den einfachen Weg am Rhein entlang nach Lörrach fahren, sondern über Wehr und Schopfheim durch das Wiesetal. Dazwischen lag aber noch eine Anhöhe, die es zu überwinden galt. So kam es, dass nach 70 Kilometern noch eine Bergwertung auf uns wartete. Von Bad Säckingen bis nach Wehr ging es permanent leicht bergauf, und wir waren schon ziemlich geschafft, als wir endlich in Wehr ankamen. Aber der richtige Anstieg kam erst jetzt. Teilweise war es so steil, dass wir alle Radlergrundsätze vergassen und die Fahrräder schoben. Es wechselten sehr steile mit weniger steilen Abschnitten, teilweise ging es sogar leicht bergab. Irgendwo überholte uns locker-flockig ein Moutainbikefahrer, keineswegs in übermäßiger Radlermontour, sondern eher normal gekleidet, so als würde er diese Strecke jeden Tag zur Arbeit fahren ( vielleicht machte er das auch??)

Auf der Anhöhe war ein Hinweisschild auf den "Dinkelberg-Höhenradweg",Rast auf dem Dinkelberg so wussten wir wenigstens, wo wir waren. Ausser zwei Bauern auf ihren Traktoren waren wir fernab jeden Verkehrslärms und für ein paar Minuten des Verschnaufens genossen wir die Stille.

Die Abfahrt nach Schopfheim war sehr rasant, auch hier kamen wir wieder durch Dörfer, an denen der Autofahrer vorbeigeleitet wird. Auch die Innenstadt von Schopfheim war sehr idyllisch, zumindest das, was wir beim Durchfahren zu sehen bekamen.
Nachdem wir Schopfheim hinter uns gelassen hatten, war der Radweg nach Lörrach gut ausgeschildert und führte wieder abseits der Schnellstrasse teilweise an dem Flüsschen Wiese entlang. In Lörrach suchten wir den Campingplatz, der am Rande eines weitläufigen Parks war, in dem, so wie ich mich erinnern konnte, letztes oder vorletztes Jahr die Landesgartenschau stattfand. Der Campingplatz war sehr schön, der Rasen absolut dicht und eben, dafür waren die sanitären Anlagen etwas weiter weg.

Als wir Abends unsere Tachos verglichen, stellten wir fest, dass das unsere absolute Rekordstrecke war: 99,5 km, ohne die Fahrt zum Supermarkt und zurück, wo wir uns noch einmal mit Getränken für den Abend versorgten.
Gegenüber des Campingplatzes war ein italienisches Restaurant, wo wir den Tag bei einem Glas Rotwein und einer Portion Spagetti ausklingen ließen.

Mittwoch, 30.8.2000     Lörrach - Breisach (70 km)

Am Morgen war unser Zelt etwas feucht vom Tau, langsam liessen wir den Tag angehen. Wir hatten beim Campingplatzwart Brötchen für das Frühstück bestellt, zu Trinken gab es Eistee.
Gegen halb zehn hatten wir soweit alles wieder gepackt und wir konnten starten. Der Himmel war anfangs bewölkt, aber im Lauf des Tages klarte es mehr und mehr auf. Heute würden wir überwiegend am Rhein entlang fahren. Aber um dorthin zu kommen, war ein kleiner Schlenker durch die Schweiz notwendig, von dem wir erst etwas mitbekamen, als wir die schweizerisch-deutsche Grenze bei Weil am Rhein überschritten. Kontrolliert wurden wir nicht, nur freundlich mit einem "Guten Morgen" bedacht. In der Nähe von Eimeldingen erreichten wir dann den Rhein. Ein Pärchen, dass auch auf dem Campingplatz in Lörrach übernachtet hatte, trafen wir auf dem Weg am Rhein wieder, da sie aber konditionell besser drauf waren als wir, überholten sie uns bald und waren weg.

Wir hielten einige Male an, um die Stromschnellen zu fotografieren.Stromschnelle am Rhein Der größte Teil des Rheinwassers wurde in einen Seitenkanal abgeleitet, in dem die Schiffe fahren konnten. Der ziemlich mickrig aussehende Rhein wurde überwiegend von Badenden genutzt. Aber überall (und das hatten wir auch gestern schon am Hochrhein gesehen) wurde darauf hingewiesen, dass der Rhein innerhalb kürzester Zeit den Wasserstand ändern konnte, wenn ein Wehr aus den unterschiedlichsten Gründen plötzlich Wasser ablassen musste. Deshalb war immer Vorsicht geboten, wenn man sich nahe am Wasser aufhielt.

Teilweise wurden Furten von Kindern für Schlauchboot-Raftingfahrten benutzt.

Die Autobahn führte streckenweise unmittelbar am Radweg entlang, einmal hätten wir auch die Möglichkeit gehabt, an einer Raststätte anzuhalten. Das hätte sicher Verwirrung gestiftet, wenn wir mit bepackten Fahrrädern dort aufgetaucht wären! Ansonsten führte der Weg immer an den Städten und Dörfern vorbei, das hatte einerseits den Vorteil, dass man nie im Zickzack durch die Landschaft fahren musste, sondern auf dem direkten Weg fuhr, aber auch den Nachteil, dass man an keinem Laden vorbeikam, in dem man seinen Getränkebedarf decken konnte. Gegen Mittag kamen wir in die Nähe von Neuenburg und entschlossen uns, den Radweg zu verlassen und in dem Ort unsere Mittagspause zu machen. Wir versorgten uns in einem Spar-Markt und einer Bäckerei mit Proviant und Getränken und verbrachten die Mittagspause auf dem schön angelegten Marktplatz.

Der Himmel hatte sich etwas bewölkt, eine weitere Nacht auf dem Campingplatz war wohl nicht ratsam. Unser Ziel war Breisach, von dort wollten wir noch einen Abstecher in die französische Festungsstadt Neuf-Brisach machen, die schon auf der Landkarte sehr interessant aussah. Etwa um 15 Uhr kamen wir an und überlegten, ob wir den französischen Campingplatz oder die deutsche Jugendherberge wählen sollten. Ein Telefonat bezüglich der Wetteraussichten brachte keine eindeutige Klärung, aber da wir direkt an der Jugendherberge standen, entschlossen wir uns, dort zu bleiben. Die Herberge war zwar brechend voll, 5 Schulklassen waren dort untergebracht, und wir fürchteten, dass die Nacht wieder einmal sehr laut werden würde. In unserem Zimmer war noch ein Mann untergebracht, der tagsüber arbeitete und wir waren gespannt, welcher Arbeiter in einer Jugendherberge übernachtete.

Nachdem wir geduscht hatten, was sich anbot solange noch niemand da war, machten wir uns auf den Weg nach Neuf-Brisach. Nach den 70 km, die wir regulär an diesem Tag geradelt waren, kamen nun noch einmal etwa 15 km dazu. Der Hinweg war gut ausgeschildert, es ging zunächst über den Rhein, eine sehr stark befahrene Brücke, auf der zu allem Überfluss noch gebaut wurde, dann über Nebenstrassen durch eine Ortschaft und schon bald waren wir da. Wir ketterten auf die Festungsmauern, und umrundeten den inneren Festungsring, was sehr imposant war.Neuf-Brisach
Leider war das Bild auf der Landkarte vielversprechender als die Wirklichkeit, trotzdem bekamen wir einen Eindruck von der Mächtigkeit der Festungsanlage.

Den Ausweg fanden wir dann nicht mehr so richtig, wir verpassten den ausgeschilderten Radweg und mussten über die Nationalstrasse zur Rheinbrücke zurückfahren. Die schnell fahrenden Lastwagen zerrten uns in ihrem Sog regelrecht mit.
In Breisach wollte ich dann unbedingt auf den Münsterberg fahren und das Münster von innen besichtigen.Breisach mit Münster Wegen seiner exponierten Lage wurde Breisach und auch das Münster immer wieder beschädigt, so auch 1945, als die Stadt und das Münster völlig zerstört wurde. Nach dem Krieg wurde dann alles wieder aufgebaut. Das Münster stammte ursprünglich aus dem 13 Jahrhundert. Im Inneren hat Martin Schongauer ein grosses Gemälde, das Weltgericht, erstellt.
Leider war gerade ein Gottesdienst, so dass man innen nicht herumlaufen konnte. Der Anstieg zum Münsterberg war unsere heutige Bergwertung.

Das Abendessen nahmen wir dann bei McDonalds ein. Als wir später in der Jugendherberge ankamen und unsere weiteren Pläne überdachten, kam ein vierter Mitbewohner an, so dass unser Zimmer jetzt auch voll belegt war. Der vierte Mann verschwand sofort wieder zum Abendessen und kam erst wieder, als wir schon im Bett lagen. Der weitere Mitbewohner, der arbeitete, kam dann auch und wir unterhielten uns noch eine Weile. Er war Grundstücksmakler und machte eine Weiterbildung an der Uni in Freiburg. Da die Jugendherberge in Freiburg keine Dauergäste aufnahm, wählte er Breisach, weil von hier aus die Uni am einfachsten zu erreichen war. Die Ausbildung war in mehrere Kurse gestaffelt und jeder Kurs dauerte 2 Wochen, alles musste er selbst finanzieren, deshalb versuchte er, wenn er schon nicht an den Kursgebüren sparen konnte, die Kosten für die Übernachtung möglichst gering zu halten.
Er erzählte noch ein paar interessante Dinge aus seinem Kurs, aber ich bekam nicht mehr soviel davon mit.
Mein Sohn meinte dann auch noch, dass die Jugendlichen noch viel Krach gemacht hätten, aber auch davon bekam ich nicht mehr viel mit

Donnerstag, 31.8.2000     Breisach - Freiburg - Karlsruhe (13 km)

Schon die Kilometerangabe für diesen Tag zeigt, dass etwas Besonderes passiert sein musste.

Als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauten, sahen wir einen grauen Himmel und Bindfadenregen.
Wir beschlossen zunächst zu Frühstücken und dann zu entscheiden, was wir machen würden.
Aber nach dem Frühstück war das Wetter noch nicht besser. Auch die Schulklassen sahen etwas enttäuscht aus, denn auch sie mussten ihre Pläne ändern. Ein Lehrer meinte, gegen Mittag würde der Regen nachlassen, aber das war nur eine vage Vermutung. Welche Möglichkeiten hatten wir? Ursprünglich wollten wir durch den Taubergiessen, das letzte Stück Urwald in Südwestdeutschland, fahren. Aber bei Regen war das nicht besonders schön. Wir könnten noch ein Nacht in Breisach bleiben, dann könnten wir morgen weiter fahren, müssten dann aber trotzdem das letzte Stück mit dem Zug fahren, denn am Freitag wollten wir wieder zu Hause sein.
Andereseits hatten wir von den fast 200 km, die wir in den letzten beiden Tagen gefahren sind, etwas Muskelkater, und wer wusste schon, ob das Wetter besser werden würde? Die Tageszeitung sprach von vereinzelten Schauern, aber dass alle Schauern nacheinander über Breisach niedergingen, davon wurde nichts erwähnt.
Die Strecke von Karlsruhe nach Rust sind wir schon gefahren, das würde also nichts Neues bringen. Wir entschlossen uns, zunächst nach Freiburg zu fahren, mit vollem Gepäck, um eventuell dort noch eine Nacht zu bleiben oder von dort noch etwas weiter zu fahren.

Es regnete wie aus Eimern, so dass wir die Fahrt mit dem Fahrrad nach Freiburg durch eine Fahrt mit der S-Bahn ersetzten. In Freiburg deponierten wir unser Gepäck in einem Schließfach und machten uns auf den Weg in die Innenstadt. Etwas lustlos besichtigten wir das Münster, anschließend sahen wir das Foltermuseum gegenüber und beschlossen, es zu besichtigen. Mein Sohn kaufte sich dann noch die CD, die er schon seit längerem im Auge hatte und wir aßen in der Feierling-Brauerei zu Mittag.

Auch nachmittags wurde das Wetter nicht viel besser, so dass wir uns entschlossen, die Übernachtung zu sparen und sofort nach Hause zu fahren.
Wir mussten mit Nahverkehrszügen fahren, was bedeutete, dass wir in Offenburg umsteigen mussten.Mit Gepäck versuchten wir solche Situationen zu vermeiden, aber da der Zug in Offenburg endete und der andere dort eingesetzt wurde, hatten wir auch Zeit zum Aus- und Einsteigen. Beide Züge waren mit einem geräumigen Fahrradabteil ausgestattet, so dass es auch keine Platzprobleme gab.
In Offenburg stiegen noch weitere Radfahrer ein und in Appenweier noch 3 Radfahrer, die aus Frankreich kamen und eine mehrwöchige Reise an der Loire und im Rhonetal gemacht hatten. So erzählte jeder von seinen Erfahrungen, bis wir bei stahlendem Wetter in Karlsruhe ankamen und die letzten Kilometer bis nach Hause im Sonnenschein fuhren.